Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen
Ansprache von Bundespräsident Richard von Weizsäcker zur Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte (01.07.1993):
Wie bekennen wir uns zu Menschen mit Behinderungen? Wie leben wir zusammen?
Es ist normal, verschieden zu sein – es gibt keine Norm für das Menschsein. Manche Menschen sind blind oder taub, andere haben Lernschwierigkeiten, eine geistige oder körperliche Behinderung – aber es gibt auch Menschen ohne Humor, ewige Pessimisten, unsoziale oder sogar gewalttätige Männer und Frauen.
Jeder Mensch, unabhängig von Behinderungen oder Einschränkungen, gehört zur Gesellschaft dazu. Gegen Behinderung kann sich niemand versichern. Etwa jeder Zehnte in Deutschland ist schwer- oder schwerstbehindert. Sie sind keine Randgruppe. Im Gegenteil: Vielfalt bereichert unser Zusammenleben in Familie, Schule, Arbeit, Kultur und Gemeinschaft.
Unser Ziel sollte sein, Behinderung als Verschiedenheit zu verstehen und nicht allgemein von „Behinderten“ zu sprechen, denn es sind nur Teilbereiche, die eingeschränkt sind. In einer inklusiven Gesellschaft erkennen wir die Potenziale aller Menschen, fördern Teilhabe und Gleichberechtigung – unabhängig von Art oder Grad einer Einschränkung.
In diesem Kontext wird die wertvolle Arbeit durch uns Ergotherapeut:innen noch deutlicher sichtbar: Wir unterstützen Menschen mit Behinderungen dabei, ihre Fähigkeiten zu stärken, Barrieren abzubauen und Teilhabe zu ermöglichen. Unsere Arbeit basiert auf Empathie, Fachwissen und einem ganzheitlichen Verständnis von Gesundheit – körperlich, psychisch und sozial. Wir arbeiten daran, inklusiv zu leben, Vielfalt zu respektieren und jeden Menschen als gleichwertigen Teil der Gesellschaft zu begleiten.
Es geht nicht nur um Rehabilitation oder Anpassung, sondern um Empowerment: Menschen mit Behinderungen gewinnen durch gezielte Interventionen, Alltagsstrategien, Hilfsmittel und kreative Ansätze mehr Selbstständigkeit, Würde und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Unsere Profession zeigt, wie inklusiv, bunt und menschlich unser Miteinander sein kann – heute und in Zukunft.
